Mit dem neuen Hublift in den ICE 3 neo

ICE 3 NEO: Neuer Hightech-Zug der DB aus Sicht eines Rollstuhlnutzers

Die Deutsche Bahn (DB) hat kurz vor Nikolaus mit dem ICE 3 Neo ihre neueste ICE-Generation, ausgestattet mit einem neu entwickelten Rollstuhllift, auf die Schiene geschickt. Mit Spitzengeschwindigkeiten von 300 Kilometer pro Stunde sei der ICE ein wichtiger Baustein für den Deutschland-Takt, erklärt das Unternehmen. Bis 2029 sollen 73 ICE 3 Neo unterwegs sein. Insgesamt will die DB rund zehn Milliarden Euro in neue Züge investieren.

Der ICE 3 neo im Überblick

Die wichtigsten Punkte für Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind:
– wie komme ich in den Zug?
– ist der Gang breit genug für den Rollstuhl?
– habe ich genügend Platz auf dem Rollstuhlstellplatz?
– wie praktikabel ist das Universal-WC (eher bekannt als Behindertentoilette)?

Mit dem fahrzeuggebundenen Hublift hinein in den ICE 3 Neo

Rollstuhl Hublift in den ICE 3 neo
Mit dem neuen Hublift in den ICE 3 neo

Der neu konstruierte Hublift hat zwei stabile Träger mit einer Plattform und einen Rückrollschutz. Der Hublift ist ähnlich konstruiert wie die Lifte beim Behinderten-fahrdienst. Besonders hervorzuheben ist, dass der Hublift sehr einfach zu bedienen ist. Diese separate Tür kann nur von mobilitätsbehinderten Menschen genutzt werden.

Hublift bei geschlossener Tür
Hublift bei geschlossener Tür

Im Vergleich dazu ist der fahrzeuggebundene Hublift beim ICE 4 sehr kompliziert zu bedienen und wird wegen seiner hohen Störanfälligkeit kaum genutzt. Leider! Eine vertane Chance, der fahrzeuggebundene Lift wäre auch optimal für Bahnhöfe, die nicht ständig mit Personal besetzt sind.

Ein Handicap hat der neue Hublift, er kann nur Rollstühle bis maximal 72 cm Breite heben. Alle breiteren Rollstühle müssen mit dem üblichen Hublift am Bahnhof an Bord gebracht werden. Das Problem entstand dadurch, dass der ICE 3 Neo keine Neuentwicklung von Siemens ist. Äußerlich ähnelt er stark dem seit dem Jahr 2000 wohlbekannten ICE 3. Soll heißen, die Konstruktion war vorgegeben. Für den neuen Hublift hätte man eine breitere Tür benötigt, um auf eine Plattformbreite von 80 cm zu kommen.

Hublift mit Rollstuhlfahrer max. 72 cm
Hublift mit Rollstuhlfahrer max. 72 cm

Ist der Gang komfortabel genug?

Der Gang vom Lift bis zum Rollstuhlstellplatz ist mit meinen 72 cm breiten Rollstuhl komfortabel zu berollen. Das ist eine wesentliche Verbesserung zur
Gangbreite vom ICE 3.

Platzangebot am Rollstuhlstellplatz

Es werden weiterhin nur zwei Stellplätze angeboten. Das Platzangebot ist sehr begrenzt. Viele Rollstuhlfahrer:innen führen eine Reihe von Hilfsmitteln mit, um außerhalb des Zuges flott und selbstständig voranzukommen. Das sind meist Handbikes oder andere Rollstuhlzuggeräte, welche an den Stellplätzen meist nicht vernünftig unterzubringen sind, sondern teilweise in den Gang hineinragen und die anderen Fahrgäste behindern.

Rollstuhlstellplatz
Rollstuhlstellplatz

Gab es Verbesserungen im Behinderten WC?

Das muss man eindeutig mit einem Ja beantworten. Es wirkt alles sehr aufgeräumt. Die Bewegungsflächen sollten ausreichend sein, auch mit einer Begleitperson.
Die Toilette ist von der rechten Seite gut anfahrbar und mit Klappgriff und zwei Haltegriffen ausgestattet. Die Taster für die Toilette und den Notruf sind zweckmäßig angebracht. Das Waschbecken ist sehr gut unterfahrbar, auch die Abstellflächen sind gut zu gebrauchen. Die berührungslosen Spender für Seife und Desinfektionsmittel sind endlich hygienisch, man muss nichts mehr mechanisch betätigen. Selbst der Verriegelungsgriff für die elektrische Tür ist auch für Tetraplegiker gut zu bedienen.

Rolli-Toilette oder Universal WC
Rolli-Toilette oder Universal WC

Mein Resümee

Der ICE 3 Neo ist kein neu entwickelter Zug von Siemens, sondern eine Weiterentwicklung auf der Plattform des ICE 3 aus dem Jahre 2000. Von einem barrierefreien Schnellzug ist er noch meilenweit entfernt. Sicherlich ist der neu entwickelte Hublift eine Verbesserung für Rollstühle, die nicht breiter als 72 cm sind.
Ich denke, die gleiche Blamage wie beim ICE 4, dem ein sehr komplizierter Hublift eingebaut wurde, wollte man sich ersparen. Der kostete sehr viel Geld und wird fast nie benutzt, da zu umständlich und störungsanfällig im Betrieb. Hier wundere ich mich schon, dass die Bahn so ein Fahrzeug abnimmt und Siemens nicht fähig ist, einen funktionierenden Lift einzubauen.

Das verbesserte Universal-WC, dass jeder benutzen kann und von dem nur eines im Zug vorhanden ist, ist sehr oft defekt und das einzige für Rollstuhlfahrer:innnen.

Auch die Stellplätze für Rollstuhlfahrer haben sich nach meinem Gefühl nicht vergrößert, auf keinen Fall ist es möglich ein Rollstuhlzuggerät in Sichtweite abzustellen. Das Problem könnte man schnell beseitigen, würde man zwei Sitzbänke ausbauen.

Aus meiner Sicht dürfen nur noch barrierefreie Züge von der Deutschen Bahn angeschafft werden. Das hat die Bahn mittlerweile zugesagt, und wir werden sie beim Wort nehmen. Soll heißen: es muss eine zweite Universal Toilette eingebaut werden, die Stellplätze für Rollstuhlfahrer müssen vergrößert werden, und der Zug muss einen niveaugleichen Einstieg haben.
Alles andere wäre Murks!

Bernhard Endres, BSK Kontaktstellenleiter Fränkisches Seenland

5 Kommentare

    1. Ab dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember können Fahrgäste den Zug dann regelmäßig zwischen Dortmund, Köln und Frankfurt/Main und bis nach München über die neue Schnellfahrtrecke Wendligen–Ulm im Einsatz erleben.

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