Die am 09.01.2024 von Sozialministerin Ulrike Scharf verkündeten Zahlen zu Barrierefreiheit in Bayern offenbaren eine eklatante Diskrepanz zwischen den politischen Ankündigungen und der Realität. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) Kontaktstelle Fränkisches Seenland, unter Leitung von Bernhard Endres, kritisiert scharf, dass die selbstgesteckten Ziele für das Jahr 2023 bei Weitem verfehlt wurden.
Anfang 2024 sind in Bayern lediglich rund 68 Prozent der staatlichen Gebäude und sogar nur die Hälfte aller Bahnhöfe als barrierefrei eingestuft. Die Zielsetzung, Bayern bis 2023 vollständig barrierefrei zu gestalten, wie sie im Jahr 2013 vom damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) ausgerufen wurde, ist kläglich gescheitert. Die neue Formulierung, dass Barrierefreiheit nun eine „Daueraufgabe“ sei, lässt wenig Ambitionen erkennen und klingt eher nach einem Aufschieben auf den Sankt Nimmerleinstag.
Inhalt:
Dringender Handlungsbedarf: Einheitliches Konzept für barrierefreien Verkehr gefordert
Wir sehen dringenden Handlungsbedarf und fordert ein bayernweit einheitliches Konzept für barrierefreien Verkehr. Insbesondere im öffentlichen Nahverkehr und den Bahnhöfen gibt es erhebliche Defizite, wobei nur etwa die Hälfte der 1.000 bayerischen Bahnhöfe als barrierefrei gilt.
Personalmangel bei Verkehrsunternehmen und unklare Zuständigkeiten machen den Alltag für Menschen mit Behinderung zu einem nervenaufreibenden Glücksspiel. Doch nicht nur im Verkehrssektor gibt es Nachbesserungsbedarf. Haus- und Facharztpraxen, Therapieeinrichtungen und Krankenhäuser stehen ebenfalls vor Herausforderungen in puncto Barrierefreiheit. Die Umsetzung von Assistenz für behinderte Menschen im Krankenhaus ist noch nicht praktikabel.
Forderungen an die Staatsregierung: Gesetzliche Verpflichtung und Schlichtungsstelle
Der Kontaktstellenleiter Bernhard Endres ruft die Staatsregierung zum Handeln auf und fordert, Unternehmen gesetzlich zu mehr Barrierefreiheit zu verpflichten. Er betont, dass das Bewusstsein für Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft nicht allein durch freiwillige Selbstverpflichtung geweckt werden kann. Zudem setzt er sich für die Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein und fordert die Einrichtung einer bayerischen Schlichtungsstelle, hauptsächlich bei der Durchsetzung von Ansprüchen an die Barrierefreiheit.
Bilanz der Staatsregierung: Realität der Barrierefreiheit in Bayern
Trotz der von der bayerischen Staatsregierung angeführten Ausgaben von über einer Milliarde Euro in den letzten zehn Jahren für „Bayern barrierefrei“ zeigt sich, dass die Umsetzung nicht den versprochenen Erfolg gebracht hat. Teilhabe, Chancengleichheit und ein selbstbestimmtes Leben sind laut der Mitteilung der Staatsregierung zwar sozialpolitische Prioritäten, doch die Realität der Barrierefreiheit in Bayern spricht eine andere Sprache. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter fordert eine unverzügliche Überprüfung und Anpassung der Strategien, um die Lebensqualität für Menschen mit Behinderung in Bayern nachhaltig zu verbessern.